Kreismuseum

Projekt: "Wewelsburg - Schauplatz europäischer Geschichte"

Ort: Wewelsburg

LEADER Förderung: 60.628,46 €

Projektträger: Kreismuseum Wewelsburg

 

Kreismuseum

Zum historischen Ort - die Wewelsburg:

Die Wewelsburg, ca. 20 km südwestlich von Paderborn, wurde als Renaissance-Schloss zu Beginn des 17. Jahrhunderts von Paderborner Fürstbischöfen errichtet. Heinrich Himmler, Reichsführer der SS, pachtete die Burg im Jahr 1934 für seine Zwecke vom damaligen Kreis Büren an. Er plante ein ideologisches Zentrum für die SS von gigantischem Ausmaß. 1939 ließ er ein Konzentrationslager im Ort errichten, um die KZ-Häftlinge für die Umbauarbeiten einzusetzen. Von rund 3.900 Häftlingen aus vielen von der Wehrmacht besetzten Ländern, die von 1939 bis 1945 das Lager durchliefen, starben mindestens 1.285 an den Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie durch Misshandlungen der SS. 1943 wurden die Bauarbeiten eingestellt, das Konzentrationslager bis auf ein „Restkommando“ aufgelöst. In den leerstehenden Baracken wurde ein Umsiedlungslager der Volksdeutschen Mittelstelle (sog. Vomi-Lager) eingerichtet, in das rund 2.000 sogenannte Volksdeutsche aus Polen, Jugoslawien und der Ukraine, meist Frauen, Kinder und alte Menschen, deportiert wurden, um später im „Altreich“ „eingedeutscht“ zu werden.  Neuere Forschungen haben erbracht, dass sich auch ein kleines Lager mit französischen Kriegsgefangenen in Wewelsburg befunden hat. Namen von Kriegsgefangenen konnten recherchiert werden, weitere Kontakte stehen noch aus. Es zeigt sich, dass während der nationalsozialistischen Herrschaft eine große Anzahl von Verfolgten aus ganz Europa in Wewelsburg in unterschiedlichen Formen von NS-Lagern gewaltsam festgehalten wurden.


Anlass des Projekts:

Der Kreis Paderborn ist Träger des Kreismuseums Wewelsburg, das sich in den Räumen des Schlosses und dem davor befindlichen Wachgebäude befindet. Neben dem „Historischen Museum des Hochstifts Paderborn“ besteht es aus den zeitgeschichtlichen Dokumentationen „Wewelsburg 1933-1945. Kult- und Terrorstätte der SS“ sowie „Deutsche im östlichen Mitteleuropa“. Die zeitgeschichtliche Dokumentation ist auch Gedenkstätte für die Opfer des KZ Niederhagen und besteht seit 1982. Seitdem besuchen rund 35.000 Menschen jährlich diese Abteilung. Eine wichtige und zunehmend größer werdende Besuchergruppe sind neben den ausländischen Einzelbesuchern, die als solche statistisch nicht erfasst werden, die ausländischen Besuchergruppen: Erwachsene, Schüler- und jugendliche Austauschgruppen. Die Besucherstatistik der letzten acht Jahre dokumentiert die wachsende Zahl von ausländischen Besuchergruppen. Am häufigsten besuchen englischsprachige Besuchergruppen (vor allem britische Soldaten des hiesigen britischen Armeestützpunktes, aber auch amerikanische Gruppen), gefolgt von den polnischen und französischen Besuchergruppen (begründet durch die zahlreichen Austauschorganisationen im Rahmen von Städte-, Schul-, Institutions- Universitäts- u.a. partnerschaften aus der Umgebung). Das Museum hält Kontakte zu einzelnen Institutionen, die Jugendfahrten nach Polen und Frankreich organisieren.

Es sind in diesem Jahr aber auch neue Kontakte entstanden, so z. B. der von einem KZ-Überlebenden initiierte Austausch mit einer belgischen Schule in Antwerpen oder der geplante Austausch mit der Stadt Hengelo, der Heimatstadt eines im KZ Niederhagen ermordeten niederländischen Sozialdemokraten. Diese neuen Kontakte decken sich auch mit dem Interesse ausländischer Besucher aus den Niederlanden und Belgien (siehe Anhang I).

Es bestanden zunehmend Anfragen der Austauschgruppen nach Gruppenbetreuung, die über eine englischsprachige Führung durch die Ausstellung und die historischen Räume/ehemaliges Lagergelände hinaus geht. Bis auf einen englischsprachigen Film können die Gedenkstättenpädagogen nicht auf fremdsprachige Arbeitsmaterialien zurückgreifen. Die Möglichkeit für ausländische Gruppen, sich mit biographischen Quellenmaterialien von Verfolgten und Opfern des NS-Regimes an diesem speziellen historischen Ort  zu beschäftigen, besteht zur Zeit nur, wenn gute Deutschkenntnisse vorhanden sind. Fremdsprachige Interviews sind nicht entsprechend aufbereitet.


Zielsetzung:

Das Kreismuseum Wewelsburg plant deshalb die Erstellung von mehrsprachigen Arbeitsmaterialien für die ausländischen Besucher, die Tages- oder mehrtägige Seminare in der Gedenkstätte durchführen wollen. Die Besucher sollen anhand von unterschiedlichen Materialien, die weitgehend digital aufbereitet werden, einzelne Schicksale von Verfolgten und Opfern bearbeiten. Die Materialien sollen an Computerterminals in Gruppenarbeit erschlossen und Arbeitsergebnisse in Form von eigenen digitalen Präsentationen auf der extra für das Projekt eingerichteten Homepage präsentiert werden. Auf diese Weise können Austauschgruppen den Besuch sehr gut vor- bzw. nachbereiten, da ein Transfer einfach ermöglicht wird.

Für die Materialsammlungen können zum einen bereits gesammelte Dokumente, archivierte Zeitzeugeninterviews und Kontakte genutzt werden. Zum anderen müssen aber noch weitere Zeitzeugen, bzw. deren Angehörige, vor allem in Polen, Frankreich und den USA, nach Erfahrungen und Dokumenten befragt werden. Es sollen Schicksale aus Polen, Tschechien, Frankreich, Belgien, Niederlande, USA, Österreich und Deutschland gewählt werden, die beispielhaft für die unterschiedlichen Formen der Verfolgung und Diskriminierung, die in den Lagern in Wewelsburg nachzuweisen sind, stehen. Eine Auswahl von Personen, deren biographische Informationen in den Materialsammlungen zusammengefasst werden können, sind im Anhang II aufgeführt. 

Die Materialien werden nach besonderen pädagogischen Fragestellungen aufbereitet und digital verarbeitet. Die Präsentation von digital aufbereiteten Tonband- oder Film-Interviews ist in der heutigen Gedenkstättenarbeit unbedingt notwendig. Denn Gespräche der Besuchgruppen mit noch lebenden Zeitzeugen, wie sie bei längeren Aufenthalten von Besuchergruppen noch vor zehn Jahren üblich waren, sind heute aufgrund des hohen Alters der Betroffenen nicht mehr möglich. Den aufgezeichneten lebensgeschichtlichen Interviews kommt daher ein besonderer Stellenwert zu. Aber auch die Einstellungen der Angehörigen von Opfern des NS-Regimes (2. und 3. Generation) ist von großem Interesse für die Jugendlichen, da sie zumeist aktuelle politische Fragen anreißen und Diskussionen zur eigenen Geschichte ermöglichen.


Zielgruppen des Projekts:

Zielgruppen des Projekts sind die ausländischen Austausch- und Jugendgruppen, die im Rahmen ihres Besuchs in Deutschland die zeitgeschichtliche Dokumentation des Kreismuseums besuchen. Der Bedarf für die Materialien zeigt sich an dem bereits hohen Anteil dieser Zielgruppe an den Besucherzahlen des Museums. Zunehmend fragen die Gruppenleitungen nach Tagesseminaren oder Wochenendseminaren, in denen ausführlich mit biographischen Materialien (Materialien und Quellensammlungen) gearbeitet werden kann. Auch für die meist jungen britischen Soldaten bzw. Kadetten (vormilitärische Ausbildung) wird das Angebot eine attraktive Bereicherung ihrer Betreuung in Wewelsburg sein.

Die Umsetzung der Materialien in digitaler Form entspricht heutigen Lernmethoden. Durch die Arbeit an Computern und die Präsentation von Arbeitsergebnissen auf der Homepage des Museums werden die jugendlichen Besucher zum einen altersgerecht angesprochen, zum anderen ihre Medienkompetenz in der Gruppenarbeit auch gefördert.
Um die Zielgruppen auch wirklich zu erreichen und eine eigenständige Bearbeitung zu ermöglichen, müssen die Materialien mehrsprachig angeboten werden. Vorgesehen sind Übersetzungen sämtlicher Materialien (Dokumente und Interviews) in die deutsche und englische Sprache sowie in die entsprechende Sprache des Herkunftslandes der Schicksale (also die Materialien der polnischen Opfer ins Polnische, die der Franzosen ins Französische, soweit sie nicht bereits so vorliegen. Es wird natürlich Interviews und Dokumente auf Französisch oder Polnisch geben, je nach Einzelschicksal). Wichtig ist die pädagogische Aufbereitung der Materialien nach bestimmten Fragestellungen, die von der Gedenkstätte vorgegeben werden. Auf diese Weise können die Gruppen auf leichte Weise mit einem Schicksal ihres Herkunftslandes beginnen und dann ihre weitere Arbeit auf andere Länder und Menschen ausweiten. Englisch und Deutsch (z. B. für die deutschen Austauschpartner) funktionieren dann als Arbeitssprachen.


Synergieeffekte:

Das Kreismuseum kann für das Projekt auf bestehende Kooperationen von Jugendaustauschfahrten aufbauen. Besonders lassen sich hier die Schulprojekte im Rahmen der Städtepartnerschaften in der Region hervorheben. Das Kreismuseum arbeitet hier bereits mit Schulen sehr erfolgreich zusammen (z. B. Mauritius-Gymnasium, Büren, Ludwig-Erhard-Berufschulkolleg, Paderborn). Auch ist die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Verein „Gedenktag 2. April. Verein wider das Vergessen und für Demokratie“ zu nennen, bei dessen diesjährigem Projekt „Tage der Befreiung“ zum 60. Jahrestag des Kriegsendes der Verein durch das Kreismuseum unterstützt wurde.
Das Kreismuseum geht davon aus, dass das Projekt lediglich die Erstellung der Materialien und die Ausstattung eines Arbeitsraumes mit Computerterminals zum Inhalt hat. Nach einer Testphase, bei der die Fragestellungen überprüft werden sollen, können die Gruppenleitungen und der Einsatz der Terminals in der Gedenkstättenarbeit von dem vorhandenen Personal des Kreismuseums, also den gedenkstättenpädagogischen Mitarbeiter/innen des Museums, geleistet werden. Von Vorteil ist in diesem Zusammenhang, dass das Kreismuseum eine Neukonzeption der zeitgeschichtlichen Dokumentation plant, so dass mit der Fertigstellung der Arbeitsmaterialien auch ein geeigneter Arbeitsraum für die Gruppenarbeit zur Verfügung stehen wird und das neue Angebot für die ausländischen Jugendgruppen in das geplante gedenkstättenpädagogische Konzept aufgenommen werden kann.


Ziele und Auswirkungen:

Die Besucher sollen ausgehend von Schicksalen aus den eigenen Herkunftsländern sich den unterschiedlichen Verfolgtengruppen in Wewelsburg annähern und so einen Überblick über die Vielfalt der Verfolgungsmechanismen von Opfern, Andersdenkenden und Gegnern in Europa während der NS-Herrschaft erhalten. Wewelsburg, ein kleiner überschaubarer Ort, wird während des Nationalsozialismus zum Schauplatz europäischer Geschichte: hier bündeln sich die Stränge der unterschiedlichsten Schicksale, deren Biographien eins gemeinsam hatten: die unmenschliche und brutale Verfolgung des Einzelnen durch die Nationalsozialisten. Durch die Beschäftigung mit einzelnen Persönlichkeiten wird das Ausmaß der Verfolgung für die Individuen deutlich. Was bedeutet es, als sog. Volksdeutscher ins „Altreich“ deportiert zu werden? Was haben die französischen Kriegsgefangenen erfahren? Wie erfuhren die KZ-Gefangenen die Extremsituationen des Lagers? Wie lebten die Angehörigen der Verfolgten im Krieg und nach 1945?


Ausgehend von den Einzelschicksalen bekommen die Besucher durch die Beschäftigung mit weiteren Schicksalen aus anderen Ländern einen Eindruck von der europäischen Dimension der Verfolgung. Die Strukturen des Nationalsozialismus werden so durchleuchtet und deutlicher.

Mit dem neuen Angebot bietet das Kreismuseum gerade jugendlichen Gruppen aus dem Ausland moderne und zeitgerechte Möglichkeiten der politischen Bildungsarbeit. Die Attraktivität der zeitgeschichtlichen Dokumentation wird gesteigert. Gerade vor dem Hintergrund der Neukonzeption der Gedenkstätte bieten die neuen geplanten Arbeitsmaterialien adäquate Möglichkeiten für Gruppenarbeit, Tages- und mehrtägigen Seminaren.

Durch die gezielte Ansprache von ausländischen Gruppen wird die europäische Dimension gestärkt und der Austausch bzw. die Zusammenarbeit vor allem unter der jungen Generation gefördert.

Kreismuseum Wewelsburg
Burgwall 19
33142 Büren-Wewelsburg
Tel.: 02955 / 7622-0
Fax: 02955 / 7622-22
Weitere Informationen im Internet unter www.wewelsburg.de

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